Sonntag, 5. Juni 2011

Nachbarn

Wenn ich von der Wohnung spreche, in der wir wohnen, spreche ich immer davon, welches Glück wir hatten, diese zu bekommen. Wir sind wirklich zufrieden. Neben den allgemeinen Vorteilen dieser Wohnung (Fahrstuhl, Trockenraum, Parkplatz, Ruhe, 6 m Südbalkon usw.) wiegt ein Vorteil ganz besonders schwer. Wir wohnen ganz oben. Von hier hat man einen guten Ausblick auf unsere Nachbarn. Es sind ja nicht direkte Nachbarn im eigentlichen Sinne. Ich meine die Bewohner der umliegenden Reihenhäuser. Es teilen sich immer 3 oder 4 Familien ein Häusertrackt mit kleinem Garten. So richtig privat kann es auch mit den aufgebauten Zäunen und gewachsenen Hecken nicht sein. Wir hier oben hören zum Teil jedes Gespräch und jedes Teller abkratzen.
Es gibt eigentlich immer was zu sehen. Da gibt es den alten Herren mit dem Mercedes, der wie ein pubertierender Jüngling mit ungefähr 150 Dezibel Musik fährt und die Einkäufe seine Frau reintragen lässt. Da gibt es liebe Opas und die ruhe störenden Handwerker. Und es gibt eine ruhelose Frau. Bei Schulkindern heißt es wohl ADHS. Bei Erwachsenen weiß ich es nicht.
Letztens wuselte sie im Grünbereich vor ihrem Teilhaus. Lange habe ich nicht rauskommen, was sie dort machte. Meine Frau erkannte es. Sie manikürte ihren Rasen. Geschlagene 3 oder sogar noch mehr Stunden, rückte sie zentimeterweise Butterblumen und anderem Unkraut auf dem Leib. Hockend, kriechend, liegend und sitzend popelte sie mit Nagelscheere, Schippchen und sonst welchem Gerät Grünzeug aus dem Rasen. Leider sieht man es nicht, wenn man an dem Haus vorbeigeht. Ein anderes Mal kratzte sie mit der gleichen Ruhe und Ausdauer Unkraut aus den Fugen des Weges. Heute, nach einer Stunde walken bei ca. 35 Grad in der Sonne, machte sie sich dran, eine freistehende Weide mit Leiter und Bolzenschneider! zu stutzen. Ihren Mann sieht man nur einmal im Monat, beim Putzen seines Vectras. Auch das stundenlang.
Es gibt auch den allein lebenden Herrn mit Katze, mal adhoc etwas für sich und Mietze grillend. Das finde ich niedlich.
Es sind aber nicht nur die Reihenhäusler. Auch in den einsehbaren Mietwohnungen gibt es Unikate. Z.B. Unterhose (habe ihn selten, was anderes auf seinen Balkon anhabend gesehen) beginnt schon mal, morgens um 6 Uhr Fenster und Balkon zu putzen. Ich muss in der Woche so früh aufstehen. Aber was, in Gottes Namen, müssen Rentner so früh schon rumwerkeln?
Eins muss man aber sagen, sie stören niemanden, leben in einer Gleichmäßigkeit, die es zu bewundern gilt. Andere würden sagen, dass ist spießig. Aber warten wir mal ab, wie wir werden, wenn wir so alt sind und nichts mehr zu tun haben. Bitte nicht so. Bis denne denn.

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